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Alle Glocken brachen los, als Verdi die Gondel bestieg, um zum Palazzo Vendramin zu fahren. Durch die sonnige Stunde hervorgelockt, begab sich seltsame Ausgelassenheit überall in der Stadt. Die Gassen waren voll, Lieder hörte man allenthalben singen und pfeifen. Nicht selten vernahm der Maestro Weisen …
Franz Werfel, Verdi — Roman der Oper
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LA TRAVIATA

Mit der Uraufführung von Giuseppe Verdis La traviata erlebte das venezianische Teatro La Fenice am 6. März 1853 ein Werk, das im Hinblick auf das Sujet einen klaren Bruch mit
der Tradition bedeutete. Erstmals bildete ein zeitgenössischer Stoff die Grundlage einer tragischen Opernhandlung, in deren Mittelpunkt zudem ein Mensch am Rand der Gesellschaft
steht: die Pariser Kurtisane Violetta Valéry.
Ohne die Dynamik zwischen dem individuellen Handeln — und der individuellen Tragik — der Figuren und dem gesellschaftlichen Umfeld je aus den Augen zu verlieren, trägt La traviata über weite Strecken den Charakter eines Kammerspiels, in dem psychologische Prozesse in ihrer ganzen Komplexität verdeutlicht werden. Besonders eindrucksvoll gelingt dies Verdi in dem entscheidenden Duett zwischen Violetta und Giorgio Germont, dem Vater ihres Geliebten Alfredo, im zweiten Akt: In Germont tritt Violetta eine starre bürgerliche Moral entgegen, die für eine „traviata“ wie sie — eine „vom
rechten Weg Abgekommene“ — keinen Platz hat und sie zwingt, ihrer Sehnsucht nach einem neuen Leben zu entsagen.