Man Ray, Arnold Schönberg, ca. 1925
© Man Ray 2015 Trust/Bildrecht, Wien 2023 (Foto: GRANGER — Historical Picture Archive/Alamy Stock Foto)
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Zeit mit SCHÖNBERG

Ein paar Takte Einleitung, in denen sich herbe Klänge ins verbindliche F-Dur auflösen – und dann schmettert die berühmte Quartenfanfare los: ein elektrisierendes Signal des Aufbruchs in eine neue Epoche. Klingt so eine Revolution? Oder eher eine Evolution, weil alles bis ins Letzte auf eine logische Entwicklung hin durchgearbeitet ist? Arnold Schönberg sah seine Kammersymphonie op. 9 als „wirklichen Wendepunkt“ in seinem Komponieren an. Doch solche Wendepunkte gab es etliche in seinem Schaffen – und Schönberg auf die „Komposition mit zwölf nur aufeinander bezogenen Tönen“ zu reduzieren hieße, große Teile eines überaus reichhaltigen Œuvres zu missachten.

„Zeit mit Schönberg“ macht deshalb – anlässlich des 150. Geburtstags des Komponisten – die spätromantischen, an Wagners Tristan orientierten Klänge der Verklärten Nacht und von Pelleas und Melisande ebenso erlebbar wie die jener Phase, in der die Anziehungskräfte eines Grundtons schwinden. Im Streichquartett Nr. 2 hebt die Sopranstimme mit Stefan Georges Worten „Ich fühle luft von anderem planeten“ in den tonartfreien Raum ab. In „Farben“, dem dritten der Fünf Orchesterstücke op. 16, verschwimmen dann Impressionismus und Expressionismus. Am Klavier vollzieht sich schließlich der nächste Wendepunkt – zur Zwölftontechnik, anfangs noch durch Tanzformen fest mit der Tradition verbunden.

Nicht nur Wagner, sondern auch Ludwig van Beethoven, Johannes Brahms, Gustav Mahler und andere sind in der Konzertreihe als Schönbergs Vorbilder und Impulsgeber vertreten; der gleichaltrige Karl Kraus, von dessen Vortragsstil Schönberg tief beeindruckt war, gesellt sich ebenso dazu wie Freunde und Schüler: Franz Schreker, Alban Berg, Anton Webern und Hanns Eisler spiegeln Schönbergs Einfluss wider, der über Luigi Nono bis in die Gegenwart zu Olga Neuwirth wirkt. Die Technik sei letztlich egal, war Arnold Schönberg überzeugt: Er arbeite weiter so „wie jeder vorsorgliche Komponist, der Hirn und Gewissen besitzt, es immer getan hat“.

Walter Weidringer

 

 

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19. Januar 2024
Zeit mit Schönberg · Programmpräsentation Markus Hinterhäuser